Wenn aus Bauschutt Baustoff wird

Eckdaten
Baujahr: 
2021
Maßnahmen: 

Es ist paradox: Die Baufirmen haben volle Auftragsbücher und trotzdem ein Problem: Viele Baustoffe wie zum Beispiel Holz, Dämmplatten oder Kanalrohre haben momentan sehr lange Lieferzeiten. Zudem sind seit einigen Monaten die Preise für Baumaterialien stark gestiegen. Die tatsächlichen Kosten für den Hausbau sind derzeit oft schwer kalkulierbar. Es herrscht Unsicherheit und ein Ende der Entwicklung ist aktuell nicht in Sicht.

Zudem steht die Baubranche vor weiteren großen Herausforderungen: Haben sich die Prozesse und Vertriebswege in den letzten 100 Jahren kaum verändert, führen nun gleich mehrere Themen einen Umbruch in der Branche herbei: der Fachkräftemangel, die Digitalisierung und der Klima- und Umweltschutz. Letzteres nimmt im Bausektor eine ganz besondere Rolle ein. Denn die Baubranche gehört zu den ressourcenintensivsten Wirtschaftssektoren und hat deshalb eine besondere Verantwortung für die Schonung der Umwelt.

Bauwirtschaft braucht Material aus der Natur

Zum einen benötigt die Bauwirtschaft jährlich viele Millionen Tonnen Gesteine, deren Erschließung und Gewinnung immer ein Eingriff in den Natur- und Landschaftshaushalt ist. Die Erweiterung bestehender Abbauflächen oder gar deren Neuausweisung stößt zum Teil auf Widerstände. Und viele Rohstoffe werden zunehmend rar. Und das gilt nicht nur für Erdöl oder seltene Metalle, sondern auch z.B. für industriell nutzbaren Sand.

Zum anderen gehört die Baubranche zu den größten Abfallverursachern: laut Statistischem Bundesamt wurden im Jahr 2018 in Deutschland 417,2 Millionen Tonnen Abfall produziert, mehr als die Hälfte fielen als Bau- und Abbruchabfälle an. Soweit technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar sollten diese durch entsprechendes Recycling als sekundäre Rohstoffquellen genutzt werden. Aber auch die Reduzierung von Bauabfällen ist ein wichtiges Ziel einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Schwindende Rohstoffe, knapper werdende Kapazitätsgrenzen bei den Deponien und ambitionierte Klimaschutzziele machen es unerlässlich, den hohen Ressourceneinsatz im Bauwesen zu überwinden und die Wiederverwendung von Bauabfällen zu fördern.

Baustoffrecycling ist das Zauberwort

Bodenaushub sowie Bau- und Abbruchabfälle enthalten wertvolle Rohstoffe, die durch das Baustoffrecycling wieder in den Stoffkreislauf der Bauwirtschaft zurückgeführt werden können. Voraussetzung hierfür ist eine saubere Sortierung der Abfälle, die über die Gewerbeabfallverordnung geregelt wird. Sie bestimmt den Umgang mit gewerblichen Siedlungsabfällen sowie bestimmten Bau- und Abbruchabfällen. Um das Recycling der betroffenen Abfallarten zu fördern, sind Abfälle direkt an der Anfallstelle getrennt zu sammeln und zu dokumentieren.

Vorbehalte bei Privatkunden

In Deutschland werden mineralische Bauabfälle bestehend aus Ziegeln, Fliesen, Mörtel und Betonabbruch zu einem hohen Prozentsatz zu Recyclingschotter und Recyclingsand verarbeitet.
Allerdings, so Dipl. Ing. Joachim Puhle, Geschäftsführer der Gleich Bau GmbH in Augsburg und Obermeister der Bauinnung Augsburg, stößt der Einsatz dieser Materialien vor allem bei Privatkunden auf Ressentiments: „Die Kunden sind oftmals skeptisch und bevorzugen Kies als Füll- oder Untergrundmaterial. Denn wird z. B. eine Auffüllung mit Recyclingschotter nach Jahren verändert, dann muss das Material unter Umständen aufwändig und teuer entsorgt werden. Die Vorschriften sind hier sehr eng gefasst und gerade private Bauherren wollen ihren Nachkommen solche Lasten ersparen. Hinzu komme, so Puhle weiter, dass der Einsatz dieser Recycling-Materialien von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich geregelt sei und die gesetzlichen Vorgaben variieren. „Da braucht es eine einheitliche Linie!“

Baustoffrecycling – ausschließlich einfach?

Aus ökologischer Sicht lohnt sich Baustoff-Recycling eigentlich immer. Schließlich muss man der Natur weniger Rohstoffe entnehmen, wenn Materialien aus Abbruchhäusern wiederverwendet werden. Doch lohnt es sich auch aus energetischer Sicht? Mit dieser Frage setzte sich das Dresdener Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung (IÖR) und die Intecus GmbH auseinander. Ergebnis: Baustoff-Recycling hilft bei der Schonung natürlicher Ressourcen. Auch aus energetischer Sicht ist es in den meisten Fällen sinnvoller, Abbruchmaterial für neue Baustoffe wiederaufzubereiten, anstatt ausschließlich neu abgebaute Rohstoffe zu verwenden. Entscheidend sind Details wie Materialart und geplante Qualitätsanforderung der neuen Verwendung.

Die Praxis zeigt jedoch, dass Recycling-Baustoffe (RC-Baustoffe) nicht in dem Maße auf dem Markt untergebracht werden, wie das eigentlich möglich wäre. Die Nachfrage und die Akzeptanz lassen wie gesagt zu wünschen übrig und der bürokratische Aufwand ist hoch. Sogar öffentliche Ausschreibungen machen es oft unmöglich, Recyclingmaterial zu nutzen. Häufig wird Primärmaterial gefordert, obwohl das in vielen Bereichen nicht notwendig wäre.

Das Thema Baustoffrecycling muss stärker in der Öffentlichkeit platziert werden, um die Akzeptanz für Recyclingbaustoffe Schritt für Schritt zu erhöhen.

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